SECOND LIFE – So real, wie du dich fühlst (1. Mose 1.2.)

MAZAB Second Life Plakatvon Tomas Schweigen. Österreichische Erstaufführung.

Inszenierung Markus Steinwender
Kostüme Anne Buffetrille
Bühne Markus Steinwender und Anne Buffetrille
Mit Thomas Beck, Dorit Ehlers, Melanie Kogler, Peter Malzer, Hildegard Starlinger, Markus Zeindlinger

Produktion MAZAB in Kooperation mit die theaterachse und kleines theater
Mit Unterstützung von Stadt Salzburg Kultur, Land Salzburg Kultur

Premiere 14. Januar 2009, kleines theater, Salzburg

Über das Stück

»Second Life« und die Heilige Schrift? Hält Gott jetzt Einzug in die virtuelle Welt? Oder ins Theater? – Ein Bibelverein hat die Bühne okkupiert – für eine Einführungsveranstaltung in das neue Internetportal »Second Life«. Und hier ist ja bekanntlich alles möglich: man wählt sich seinen so genannten Avatar, den Stellvertreter seiner selbst, und begibt sich virtuell in Welten, von denen man vorher noch nicht einmal zu träumen wagte. Hier kriegt Romeo seine Julia, und auf einmal gibt es Arbeit für alle. Der Mensch schafft sich endlich seine (Zweit-)Welt nach eigener Lust und Laune. – Moment! – Hat da nicht schon einmal jemand eine ganze Welt aus freien Stücken erschaffen? Ist das nicht Urzeiten her? Und sogar gleich am Anfang dieses Buches überliefert, das sich Bibel nennt?

„SECOND LIFE – So real wie du dich fühlst (1. Mose 1.2.)“ führt Bibellehre, Matrix-Idee, Evolutions- und Schauspieltheorie ad absurdum und ist Basis für intelligentes, überraschendes und freches Theater. Mit den verschiedenen Spielebenen jongliert das Stück kühn und schafft einen humorvollen philosophischen Supergau.

Pressestimmen

„Das Stück ist so pfiffig, wie der Titel verspricht.“
DrehPunktKultur

„Sechs Schauspieler entführen ihr Publikum an sonderbare Grenzen der Wirklichkeit .. Kurzweilig!“
Salzburger Nachrichten

Fotos

Termine

Premiere 14. Januar 2009, kleines theater.haus der freien szene, Salzburg
Aufführungen Salzburg
Januar – April 2009 siehe kleines theater.haus der freien szene, Salzburg
Aufführung Linz
12. Februar 2009, Posthof, Linz
Aufführungen Wien
2./3. Mai 2009, jeweils 20.00 Uhr, 3raum-Anatomietheater

Mehr über das Stück

Wenn die Hirnforschung recht hat, sind wir nicht frei. Alle unsere Handlungen sind vorherbestimmt. Dass Sie jetzt diesen Text lesen, haben Sie also nur vermeintlich selbst entschieden! Und dass Sie sich dieses Stück anschauen werden, steht ebenfalls bereits fest. Oder etwa nicht? Regt sich Widerstand im aufgeklärten Subjekt? Dann sollten Sie sich den Besuch dieses Theaterstücks auf jeden Fall vormerken, denn selten ist Theater so nah an brennenden gesellschaftlichen Themen wie hier!

Gott hat die Welt in sieben Tagen erschaffen, sagt uns die Bibel. Die Neurologen aber erklären uns, dass Gott nur ein bestimmtes Erregungsmuster im rechten Schläfenlappen unseres Gehirns ist. Was aber sagt nun Gott dazu – oder sind die Hirnforscher auch nur einer Seiner bizarren Einfälle?

Ausgerechnet eine wohl meinende Bibelrunde hat sich für ihre neueste Bildungsveranstaltung dieser komplexen und nicht ganz ironiefreien Fragestellung angenommen. Leider gerät der sorgfältig geplante Ablauf zunehmend aus den Fugen. Zunächst zerbricht die heile Welt christlicher Nächstenliebe, dann zerbröselt die theatrale Fiktion – und schließlich… Ach, wir wollen Ihnen die Freude am Spiel mit den Wirklichkeiten nicht verderben! Nur so viel: Auch wenn am Ende alles offengelegt scheint, bleibt doch ein Rest Unerklärbarkeit. Genau wie im wirklichen Leben! Oder können Sie mal schnell definieren, ob Glück, das durch virtuelles Geschehen entsteht, bloß virtuell oder doch real ist? – Das Theater ist jedenfalls ein guter Ort, um das herauszufinden…

Das Stück „SECOND LIFE – So real wie du dich fühlst (1. Mose 1.2.)“ ist als theatrale Expedition in eine der faszinierendsten Bereiche der aktuellen Entwicklung im virtuellen wie reellen Raum gedacht. SECOND LIFE stellt auch eine Frage in den Mittelpunkt, die sich durch den Umgang mit dem Portal ergeben: wer oder was ist Gott? Denn in der Interaktion mit der SL-Welt besteht ein Großteil aus dem Erschaffen von neuen Objekten, Abläufen und Interaktionen. Der Reiz von SL besteht unter anderem aus dieser Möglichkeit selber eine Erschaffer-Position einzunehmen. Daraus sind für das Stück zwei Bestandteile definiert: erstens SECOND LIFE als Plattform und zweitens die Frage des Gottbegriffs bzw. der damit im Zusammenhang stehenden Frage des Kreationismus (Intelligent Design). Diese beide Komponenten versucht das Stück zu beleuchten und im Theater in einem Abend zu fokussieren.

Das Stück ist ein theatraler Parforceritt durch die Determinismus-Debatten, das eine fiktionale Grenze sprengt, um wieder in einer Fiktion zu landen. In diesem totalen Spiel bedient es exzessiv des Repertoires der Theatermetaphern (auch im „Second Life“ findet schließlich Inszenierung statt), dass es sogar den Tod des Theaters riskiert, weil dieses vom Leben nicht mehr zu unterscheiden ist. Als Schöpfer und Geschöpfe, Bibelfreunde und allegorische Figuren, Schauspieler und Regisseure legen die Performer des Abends aufklärerisch alles offen und stoßen doch auch auf einen Rest Unerklärbarkeit.

Wie das zu verstehen sei? Das ist ja gerade die Frage. Damit hängt so vieles zusammen: Gott und die Welt und ihre virtuellen Varianten. Und was sind wir? Kinder Gottes oder der Evolution oder ferngesteuert von einem intergalaktischen Computerprogramm? Das Netz verspricht totale Freiheit und erfüllt alle Wünsche. Man kann in SECOND LIFE zum Beispiel trotz Behinderung Boxweltmeister werden. Man kann küssen, zwar nur virtuell, doch was besagt das schon. Letztlich stehen hinter jedem Glück und Heil bloß biochemische Reaktionen, ergo: Sex ist stimulierbar, und Gott wohnt vielleicht ja nur in unserem Kopf. Ertönte, als der Abend begann, nicht leise die “Windows”-Melodie? Na dann: Unsre täglich Matrix gib uns heute!

Mit freundlicher Unterstützung von Stadt Salzburg Kultur und Land Salzburg Kultur